je coince la bulle

in memoriam

9. juli 2009  wasserwaage

je coince la bulle- das bedeutet nichts tun, sich nicht rühren, ausruhen- (kommt von dem wort „wasserwaage“  wörtlich übersetzt: das bläschen einklemmen - zwischen den zwei strichen auf dem glasröhrchen der waage) also in der horizontalen verharren. die franzmänner haben soviele schöne worte für faul sein das muss wohl von großer bedeutung für das leben (gewesen) sein. Nach einem halben jahr website abstinenz, tiefem, lethargischem coince la bulle und müdem hinterherschauen der träge dahinfließenden gedanken, bin ich heute beim langweiligen anstreichen von alten schränken dahinter gekommen was es mit der diktatur und der kunst wohl auf sich haben könnte. Also der superstar der künstler, der jonathan meese (schreibt der sich so??) der ist ja irgendwie der diktator und macht damit so lustig rum wie ich zufällig mal im tv gesehen habe, nicht das ich irgendwas verstanden hätte und um näheres darüber zu erfahren war ich sowieso viel zu träge, aber in mir hat das wort gegärt und jetzt heute scheint der gedankliche hefebrei reif zu sein um davon zu kosten. Herausgekommen ist unsäglicher schwachsinn wie meine im folgenden grob skizzierte philosophie des scheiterns und ein konzept zur altersversorgung verarmter künstler (sind glaube ich die meisten..) sowie eine ausgefeilte utopische weltverbesserung. Für die ausarbeitung einer philosophie des scheiterns bin ich natürlich der nahezu ideale autor: 2 x in der schule sitzengeblieben, das abitur nur aus mitleid erhalten weil es kurz zuvor schwer danach aussah als würde ich mich vor diesem mühsamen leben durch sterben drücken wollen (hat dann aber doch nicht hingehauen mit dem abnippeln, aber fürs abi ist es hilfreich gewesen..) dann zwei abgebrochene studiengänge, zwei gescheiterte ehen, unzählige gescheiterte beziehungen und gebrochene herzen.

Dann vor ein paar jahren kommt der mensch auch noch auf die restlos wahnwitzige idee erst künstler zu werden, aus einem alten kindertraum heraus, dann in maßloser überschätzung der eigenen möglichkeiten: eine galerie zu eröffnen und dieselbe dann zack zack nach wenigen monaten wieder dicht zu machen und die inzwischen schön und teuer renovierten räumlichkeiten dem ansässigen kulturverein zu verfügung zu stellen.Man könnte jetzt denken der mann macht doch irgendwas falsch, da muß man doch mal drüber nachdenken und was ändern, innehalten. Hab ich getan. Und bin zu dem schluß gekommen diese biografie ist ein geschenk, ein großartiger wurf. Denn man stelle sich nur vor ich hätte einen dieser studiengänge beendet: dann wäre ich heute ein mittelmäßiger vollkommen gestreßter unglückseeliger architekt der in  einem gottverlassenen büro sitzend toilettenabflußrohre in pläne  chinesischer plattenbausiedlungen einzeichnet oder ähnlich mega-kreativen tätigkeiten nachgeht. Oder ich wäre ein feinsinniger kunsthistoriker geworden, man spräche mich mit herr doktor an und ich hätte die spannende aufgabe in dunklen, staubigen archiven mittelalterliche handschriften durch meine designerbrille betrachtend vor dem verfall durch papiermilbenfraß zu retten. Dem herrn sei dank für all das scheitern. Wer legt denn fest wie das unglück auszusehen hat?? Mich hat es (das Glück) an die hand genommen und langsam, langsam durch einige düstere wälder zu meiner wahren bestimmung geführt: dem trägen dahindenken, dem reisen in die gebiete der phantasie ohne fahrschein und lästige schienen. Und alle jammern da draußen wegen der krise und mir öffnen sich die augen. Entspanne mich wo doch mein ganzes leben eine stetige krise gewesen ist. krise als normalzustand. Nach meiner letzten scheidung erfuhr ich von der rentenversicherungsanstalt das ich in meinem ganzen 50 zig jährigen erdendasein ganze 3 monate als angestellter eines botendienstes in die rentenkasse eingezahlt habe (der chef hat mich wegen einer unbotmäßigen äußerung über die fahrtenverteilung und den zu schrott fahren eines neuen vw caddys rausgeworfen!) Und das was ich selbst  mühsam angespart hatte für den fall das ich mich mit alt werden herumschlagen sollte, durfte ich in einer meiner achterbahnmäßigen selbstständigkeitskrisen verblasen, sprich ich lungere inzwischen so rum, überlege wie es sich wohl anfühlt leere dosen zu sammeln, das billige aldi bier zu trinken und zur feier der woche sonntags bei dr. deubners obdachlosen frühstücken in der südstadt aufzuschlagen um mich mal verwöhnen zu lassen. ( habe dort ein paarmal aus einem anfall von gemeinnützigkeit meine hilfe als kellner zur verfügung gestellt...das frühstück ist allererste sahne, der kaffe leckerer als bei tschibo und der schinken aus der feinkostabteilung, ganz im ernst. Und hingehen kann praktisch jeder, man muß noch nichtmal abgerissen aussehen oder heftig riechen (geht aber auch!!)-und einen amtlichen nachweis der verarmung, ein sogenanntes armutszeugnis, brauch nicht vorgezeigt werden.

Wenn die gespendeten brötchen mal ausgehen, bei dem andrang,  fährt herr dr. deubner persönlich im jaguar zur nächsten tankstelle und kauft nachschub.. super das es solche caritativen herzen gibt!!) Ich hab ja auch um mich mit dem thema vertraut zu machen vor ein paar jahren einige kölner odachlose in großformatigen ölgemälden festgehalten. Übrigens der größte erfolg meiner kariere als künstler: eines dieser bilder tingelt gemeinsam mit der fotografischen bearbeitung des themas von der kölner fotografin ingrid bahß durch diverse katholische kirchen deutschlands um den beuchern einen gehörigen schrecken einzujagen vor der armut. Wie absurd in einem der reichsten länder dieser erde arm zu sein. Als ginge das angesichts dieser überquellenden fleischtröge in den supermärkten zu hungern wie in geschichten aus dem alten russland von tschechov..Arm zu sein ist der letzte luxus!

Keine angst sein vermögen verspekuliert zu bekommen, bestohlen zu werden, frei von lästigen überlegungen was man sich morgen kaufen könnte, das leben anonym in ruhe, auf parkbänken sitzend als zuschauer verfolgen, das ist wahrer luxus. Mit den augen trinken wie max ernst sagte...und zwar in vollen zügen. Und um auf den diktator und meine weltverbesserung zurückzukommen: Ja wenn ich zu bestimmen habe, schaffe ich als ersten schritt die autos ab. Versprochen. Beziehungsweise um unsere geliebte mobilität nicht zu gefährden, wird der besitz von zündkerzen verboten. Auch diktatoren müßen vom volk geliebt werden. Dann fahren die autos nicht mehr und die araber können uns ihr öl nicht mehr verkaufen. Stattdessen züchten die wieder wie früher hübsche kamele. Die kaufen wir dann und spannen sie vor unsere nicht mehr die luft verpestenden autos wie vor eine kutsche. Auch pferde, mehrspänniges anschirren und sonstige ziehwillige tiere sind erlaubt. Zum beispiel krokodile oder indische elefanten.. Um neue statussymbole zu schaffen. Man stelle sich mal vor wie nett das am neumarkt oder auf den autobahnen aussähe. Die autofabriken könnten umfunktioniert werden z. bsp. in pferde und kamelunterkünfte in denen sie als zugtiere dressiert werden. Mit dem anfallendem dung auf den straßen könnte die biologische landwirtschaft zur blüte gelangen und die selbstverständlich jedem kostenlos zur verfügung stehenden lebensmittel geschacklich verbessert werden. Schluß mit faden hölländischen tomaten.  Zu arbeiten wäre verpönt , die schulen bilden die fröhlichen kinder in spielen aus (haben also nichts zu tun und erklären den kindern nur das was SIE wissen wollen. Wenn ein kind also geigenbauer oder flötenschnitzer werden möchte wird ein ehemaliger geigen-flöten-schnitzbauer bestellt der dem kind alles notwendige zeigt usw. Jeder erhält eine einführung im nichts tun, coince la bulle, und erfolgreichem müßigtum. Die lehrer dürfen aufhören kinder mit quälendem unsinn zu verdummen. Die idee des bedingungslosen grundeinkommens ist umgesetzt! Geldsorgen sind abgeschafft. Nur wer sich partout sorgen möchte darf dies weiterhin zu seiner zufriedenheit tun. Die kraftwerke sind bis auf ein kleines abgeschaltet und in museen für die bilder erfolgloser künstler der letzten jahrhunderte umgebaut. Mit strom werden nur noch die betriebe versorgt die nahrungsmittel herstellen und die wenigen noch benötigten krankenhäuser. Warum sollte jemand in dieser gesellschaft noch krank sein wollen? Alle Häuser haben gemeinsame fitnessräume in denen die muskelenergie der trainierenden menschen die nicht müßig sein wollen für den betrieb von waschmaschinen und die wenigen noch eingeschalteten fernsehgeräte hergestellt wird. Die leute können nicht mehr vor dem fernseher verblödet werden- das system reguliert sich quasi selbst und nimmt an intuitiver intelligenz zu. Abends ist alles wirklich dunkel. Tiefschwarz. In den städten funkeln am himmel die sterne um die wette wie in einem abgelegenen pyreneendorf. Prima oder? Nationalistische energien werden in den bau einer zweiten chinesischen mauer gelenkt an deren errichtung ohne maschinen mann sich müde machen kann. Letzte faschisten die im kartenlesen gebildet sind, bestimmen ihren verlauf kreuz und quer durch das land. An der geschwindigkeit der fertigstellung ist die politische gesinnung im lande ablesbar. Naja ich gebe zu es gibt noch das eine oder andere detail zu klären aber im großen und ganzen ist die sache für mich klar und geritzt. Ich habe ja jetzt schließlich zeit genug für detailfragen.